Anleitung zur Astrofotografie von Deep Sky Objekten (RGB)

Zu Zeiten analoger Fotografie war der einzige Weg zu einem guten Astrofoto das Einzelfoto mit optimaler Nachführung und möglichst langer Belichtungszeit. Diese Technik wird auch heute noch manchmal verwendet, wobei man hierfür zwingend Autoguiding verwenden sollte. 

Es gibt jedoch einen einfacheren Weg als das Einzelfoto mit sehr langer Belichtungszeit: Das Stapeln (="Stacking") mehrer Fotos mit geringerer Belichtungsdauer. Im Ergebnis erhält man so ein Foto mit Gesamtbelichtungsdauer=Summe der Belichtungsdauern der Einzelfotos. Diese Technik lässt sich im Prinzip mit und ohne Autoguiding verwenden, mit Autoguiding ist allerdings eine größere Belichtungszeit pro Einzelfoto möglich. Die älteren Fotos auf dieser Homepage sind durch Stacking von Einzelfotos ohne Guiding entstanden, seit Anfang 2021 verwende ich aber durchgängig Autoguiding.

Stacking hat gleich mehrere Vorteile:

  • Wenn ein "Unfall" während der Aufnahmezeit passiert (Flugzeug, Wolken, Windstoß, der Nachbar macht das Licht im Garten an, o.ä.), kann man das misslungenene Einzelfoto einfach aussortieren und den Rest trotzdem stacken. Bei einem einzelnen Foto mit langer Belichtungszeit ist die ganze Aufnahme hin. 
  • Die Ausrichtung der Montierung für ein Einzelfoto mit - sagen wir - 30s Belichtungsdauer (ohne Autoguiding) oder 3min (mit Autoguiding) muss nicht so präzise sein wie für ein Foto von einer Stunde. Einzelfotos mit Artefakten aus der Nachführung kann man ebenfalls einfach aussortieren.


Es gibt sehr gute Freeware-Programme für das Stacking von Astrofotos im Internet, die einfach zu bedienen sind und schnell zu guten Ergebnissen führen. Ich verwende in der Regel den Deep Sky Stacker

Vom Originalfoto zum Endergebnis (Illustration)

Die Originalfotos: Eins von 28 Fotos mit einer Belichtungsdauer von 3min.  Die Aufnahme ist rotstichig, weil es sich um eine astromodifizierte Canon-Kamera handelt. 

Beim Stacken mit dem DSS wird die Information aus den Einzelfotos addiert. Thermische Effekte und Hotpixel werden durch Berücksichtigung der Darkframes, Staubflecken und Vignettierung durch Verwendung von Flatframes herausgerechnet. Das Stacking-Ergebnis ist sehr dunkel, enthält aber alle Informationen. 

Erst nach Stretchen des Histogramms und weiterer Nachbearbeitung des Stacking-Ergebnisses (hier mit DxO Optics Pro) kommt das fotografierte Objekt richtig zur Geltung. 

Schritt 1: Alignment der Goto-Funktion

Moderne Montierungen haben eine Goto-Funktion, damit Objekte schnell gefunden werden können. Meine EQ6-Montierung ermöglicht ein Alignment anhand von einem, zwei oder drei Sternen. Ein 3-Star-Alignment ist für Deep-Sky-Fotografie von lichtschwachen Objekten unerlässlich, um präzise zu justieren und das Objekt nicht erst lange suchen zu müssen. Für ein gutes Alignment ist wichtig, dass die drei Sterne, an die man justiert, einen möglichst großen Winkelabstand voneinander haben.

Um an einen Stern zu justieren, kann es hilfreich sein, den Fokus am Teleskop unscharf einzustellen. Einen unscharfen Kreis kann ich wesentlich besser in die Mitte des Blickfelds navigieren als eine scharf gestellte, punktförmige Lichtquelle. Ein Fadenkreuzokular leistet hier natürlich noch bessere Dienste.

Schritt 2: Fokussieren

Das Scharfstellen des Fokus gelingt am einfachsten mit einer Scheinerblende. Dies ist eine Scheibe mit zwei gegenüberliegenden Löchern, die man vor das Objektiv schiebt. Man kann sie sich leicht aus Pappe basteln. Beim Fokussieren auf einen hellen Stern wandern die zwei Punkte, die die Blende als Bild erzeugt, aufeinander zu. Liegen die Punkte exakt aufeinander, ist ein guter Fokus erreicht. 

Wer einen Newton-Reflektor hat, kann den Fokus anhand des Beugungsbildes der Aufhängungen des Fangspiegels kontrollieren, oder direkt damit fokussieren. Diese erzeugen bei hellen Sternen ein typisches Kreuzbild, das bei gut eingestelltem Fokus sichtbar wird.

Beim Fokussieren sollte man die Liveview-Funktion der verwendeten Kamera verwenden. Wenn man die Ansicht stark genug vergrößert, ist ein scharfer Fokus schnell gefunden.

Schritt 3: Objekt einstellen

Mit der Goto-Funktion kann das Wunschobjekt schnell aufgesucht werden. Zur finalen Zentrierung des Objekts schieße ich in der Regel Testfotos mit kurzer Belichtungsdauer bei hoher ISO-Zahl/großem Gain. Die Zentrierung lässt sich bei helleren Objekten auch mit der Liveview-Funktion überprüfen.

Schritt 4: Fotos schießen

Ich mache in der Regel Serien von Fotos mit nicht allzu langer Belichtungszeit, damit Fehler in der Justierung oder Artefakte der Nachführung nicht zu Strichen auf den Bildern führen. Zudem gibt es aus verschiedenen Gründen immer einen gewissen Ausschuss im Rohmaterial. Mit einem Fernauslöser mit Intervallfunktion (für DSLRs) bzw. der Steuerungssoftware (für dedizierte Astrokameras) lassen sich bequem Fotoserien mit z.B. 30s (ohne Autoguiding) oder auch 3min oder länger (mit Autoguiding) Belichtungsdauer pro Foto aufnehmen. 

Schritt 5: Kalibrierframes aufnehmen

Sind die eigentlichen Fotos im Kasten, benötige ich für die Nachbearbeitung noch Kalibrierframes.

Darkframes sind Fotos, bei denen das Objektiv (oder Teleskop) abgedeckt ist, d.h. es wird ein schwarzes Foto aufgenommen. Die Temperatur beim Aufnehmen der Darkframes sollte der Temperatur bei der Aufnahme der Sternfotos entsprechen, zudem sollte dieselbe Belichtungsdauer und ISO-Zahl/Gain verwendet werden. Die Darkframes werden bei der Nachbearbeitung dazu benutzt, um das thermische Hintergrundrauschen sowie Fehlpixel zu ermitteln und von den eigentlichen Bildern zu subtrahieren.

Es empfiehlt sich, eine eigene Bibliothek an Darkframes mit den üblicherweise verwendeten ISO-Zahlen/Gains und Belichtungszeiten für verschiedene Temperturen anzulegen. Wer häufiger fotografiert, muss dann immer seltener diesen Schritt machen.

Flatframes sind Fotos, bei denen ein heller Hintergrund aufgenommen wird. Dadurch lassen sich die Vignettierung der Optik sowie Bildfehler durch Staub auf Linsen, Spiegeln oder auch dem Kamerasensor beim Stacken eliminieren. Flatframes müssen am Ende einer jeden Fotoserie aufgenommen werden. Hierzu legt man ein weißes T-Shirt (wirklich!) möglichst glatt über die Teleskopöffnung, stellt die Kamera auf AV und nimmt 10-20 Fotos auf. Bei dedizierten Astrokameras ist die Vorgehensweise im Prinzip dieselbe, man muss allerdings ein wenig herumprobieren, um die richtige Belichtungszeit herauszufinden (das Histogramm sollte seinen Peak etwa im linken Drittel haben).

Biasframes dienen dem Herausrechnen des Hintergrundrauschens des Bildsensors. Ähnlich wie bei den Darkframes wird ein schwarzes Foto aufgenommen, allerdings mit der kürzest möglichen Belichtungsdauer und ISO-Zahl/Gain wie bei den eigentlichen Fotos. Ich habe mit 60-80 Biasframes gute Erfahrungen gemacht, die man eigentlich nur einmal für jede ISO-Zahl/Gain machen muss und anschließend archivieren kann.

Schritt 6: Stacken

Die Nachbearbeitung der aufgenommenen Fotoserien ist genauso wichtig wie die Fotonacht selbst. Zunächst einmal stacke ich meine Fotoserien. Hier verwende ich zwei verschiedene Freeware-Programme:

  • Fokalaufnahmen oder Aufnahmen mit Teleobjektiv enthalten in der Regel eine Vielzahl an Sternen. Hier hat sich der Deep Sky Stacker (DSS) bewährt. Der DSS ist sehr komfortabel zu bedienen und liefert in der Regel sehr gute Ergebnisse.
  • Bei Fotos mit Barlow-Linse oder Schmalandfilter-Aufnahmen verringert sich die Lichtstärke der Optik deutlich. Hier schlägt der Stacking-Algorithmus des DSS manchmal fehl, weil nicht genügend Sterne erkannt werden. Hier hilft manchmal, die Sterne in den Fotos manuell zu markieren. Schlägt auch das fehl, verwende ich Fitswork. Der  manuelle Aufwand ist höher als beim DSS, aber es lassen sich auch Bildserien mit wenig Einzelsternen sinnvoll stapeln.

Früher habe ich beim Stacken nur Light- und Darkframes berücksichtigt, mittlereweile verwende ich zusätzlich auch Flat- und Biasframes.

Bei den Stacking-Einstellungen im DSS verwende ich für all Framesorten die Einstellung "Median". Im Reiter "Light" sollte man bei RGB-Aufnahmen die Einstellung "RGB-Kanäle Hintergrund Kalibrierung" verwenden, da hiermit die drei Farbkanäle automatisch aufeinander kalibriert werden. Für Schmalbandaufnahmen sollte diese Option aber gerade deaktiviert werden.

Bevor ich den Stacking-Algorithmus starte, kontrolliere ich anhand desselben Sterns in der Mitte jedes Lightframes die Nachführung in der Aufnahme und sortiere Fotos mit Artefakten aus.   

Hauptansicht des Deep Sky Stackers

Schritt 7: Nachbearbeitung

Nach dem Stacken kommt die eigentliche Nachbearbeitung. Hier gibt es natürlich verschiedene gängige Standardprogramme. Bis 2023 habe ich vor allem DxO Optics Pro 11 und Fitswork verwendet, mittlerweile arbeite ich eher mit GIMP. Zu Beginn muss man das Histogramm "stretchen", um die Bildschirmausgabe auf die erreichten Bittiefen des Bildes zu kalibrieren. Anschließend folgen weitere Bearbeitungsschritte wie Kontrast- und Farbeinstellungen, Rauschminderung, Nachschärfen, etc.

Egal welches Programm man verwendet: Man benötigt schon ein wenig Übung und Routine, bis man ein gewisses Schema entwickelt hat, das gute Ergebnisse liefert.

Zum Abschluss noch ein Tipp für den Fall, dass man nach dem Stacken eine ungleichmäßige Ausleuchtung des Bildhintergrunds erhält (z.B. wegen Streulichts einer Laterne). Dies lässt sich innerhalb gewisser Grenzen mit Fitswork beheben. Fitswork bietet im Menüpunkt Bearbeiten -> Ebnen verschiedene Algorithmen, um einen einheitlicheren Bildhintergrund zu generieren. Eine Alternative mit den beschriebenen Programmen ist die Verwendung von Bildmasken in GIMP.